dhonau: mit heruntergezogenen socken


Dienstag, 8. September 2009


du mußt dein leben ändern (VIII)


« Es liegt in unserer senkrechten Stellung zur Erde, andererseits in der horizontalen lage unserer beider Augen, daß die senkrechte und waagrechte Richtung als Grundrichtungen aller anderen uns eingeboren sind. Wir verstehen alle anderen, beurteilen und messen sie erst im Verhältnis zur Waagrechten und Senkrechten. »
(a. v. hildebrand [1847 - 1921]; zit. nach eduard trier, bildhauertheorien im 20. jahrhundert, s. 165 f, berlin 19924)


« Wie wichtig die Vertikalachse für die monumentale Plastik ist, hat auch die Kunstwissenschaft der Zeit um 1900 zu bedenken gegeben. August Schmarsow stellte in seinen "Gurndbegriffen der Kunstwissenschaft" (1905) fest, daß die Aufrichtung der Vertikalachse der Ausgangspunkt für das tektonische Mal und für das menschliche Individuum sei. "Der Kern des menschlichen Einzelwesens als eines selbständigen Körpers im Raum wird dadurch konstituiert", schrieb der in Leipzig lehrende Kunsttheoretiker, der sich vor allem der Erforschung der Bildhauerkunst gewidmet hatte, und verallgemeinernd stellte er die These auf: "Von dieser Dominante des dreidimensionalen Komplexes beginnt die konkrete Gestaltung in irgendwelchem Material; denn nach dem Höhenlot unseres eigenen Leibes beurteilen wir alle Kreatur." (op.cit., S. 234) » (s. 166, ebd.)


« Der Mensch als das Maß aller Dinge, — dieser Glaubenssatz ist bekanntlich von den Dadaisten, insbesondere von HANS ARP (1886-1966), in Frage gestellt worden. Aber auch er leugnete deswegen nicht die Faszination der Vertikalen, so selten sie auch in seinem Oeuvre in Erscheinung treten sollte. Nur der Satz von Hans Arp, den er 1955 im Gespräch mit C. Bryen fallen ließ, verrät sein Interesse, das sich möglichwerweise von Werken anderer Bildhauer hatte anregen lassen:

"Die Vertikale zielt auf das Unendliche"[...] » (ebd.)

an anderer stelle ist diese vertikale von mir schon zur menschlichen bipedie, dem aufrechten gang, in korrespondenz gestellt worden. und daß das menschliche sich aufrichten ein gattungsstiftendes wie zugleich gattungsübersteigendes merkmal (der "frevel"-disposition des menschen) ist, zeigt sich auch in der hier von arp behaupteten konnotation der vertikalen mit dem unendlichen, sprich unbegrenzten. wir könnten das auch in die formel bringen vom menschen als der starkbegrenzt-starkunbegrenzten gattung, und – um die satirische implikation noch deutlicher werden zu lassen: als der unbegrenzt-begrenzten gattung
wie auch immer, wir sehen in diesen gedanken auch ein allgemeine formulierung dessen, was die religiöse dispostion des menschen markiert. das, was sloterdijk in seinem hier angesprochenen buch mit OBEN meint, wenn er auf das rilke-gedicht vom ARCHAISCHEN TORSO zu sprechen kommt.

« Noch deutlicher hat sich JOEL SHAPIRO (geb. 1941) im Zusammenhang mit seiner Plastik "Plastik ohne Titel 1983" erklärt:
       "Die Vertikalität ist eine Kernfrage der Bildhauerei. [...]"
Katalog Joel Shapiro, Stedelijk Museum Amsterdam u.a.O., 1985/86; S. 45." » (s.167, ebd.)




dhonau, 14:18h
=zeit war`s

vertikale   317

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