schon das wort VER—STEHEN selber wird im allgemeinen benutzt, als wäre es nicht von der allereigentümlichsten art.
wie aber kommt das stehen in dieses tun des denkenden menschen. was heißt denn hier STEHEN? und was bedeutet es im zusammenhang mit dem präfix VER?
uns fehlt hier eine art biodynamik der sprache, mit welcher menschen als menschen, die wir über menschen (nach)denken, zu uns kommen. denn der mensch kommt zu uns (nicht mit seinen füßen), sondern als ausdruck habendes und gebendes (=sprechendes) wesen.
wann setzt dieses eigentümliche tun des verstehens ein?
was macht einen mensch zu etwas, das verstanden sein will?
ein mensch ist doch das auf zwei beine gekommene wesen, das SICH AUFGERICHTET HAT, das zum STEHEN gekommen ist.
nicht umsonst verbinden wir menschliche WÜRDE mit dem AUFRECHTEN GANG.
wer nicht in seiner ganzen AUFGERICHTETHEIT vor einem anderen erscheinen kann, wer sich nicht zum thema machen kann, wer sich nicht erweisen kann als jemand, um den man nicht umhin kann, wer sich nicht zum problem machen kann, weil und sofern er vor uns STEHT, mit man erst durch VER-stehen UMGANG haben kann, wird nicht oder nicht so ohne weiteres als mensch ankommen können (bei uns); wird vielleicht eher als WIEDERKEHR eines alten problems — womöglich generationen zurückliegend (vgl. den begriff des karma) zu uns kommen.
ein problem ist seiner griechischen wortbedeutung nach eine art erhebung (vor uns stehendes), um das man nicht oder nicht so ohne weiteres UMhin kann; es verlangt als solches RESPEKT. denn respekt zu erweisen, ist doch insbesondere notwendig gegenüber sachlagen oder menschen, die also solche leicht übersehen werden können. RE-SPEKT ist ja der blick zurück, das noch einmal (und immer wieder) in den blick holen, das noch einmal überdenken — oder noch viel mehr und à la
tiefer: das als wahr nehmen, wie sich uns etwas von sich aus zeigt (was es an und für sich ist – um den entsprechenden kantischen ausdruck zu verwenden.
VER-STEHEN ist immer AUCH eine respektbekundung für etwas, das vor uns STEHT (und sei es in einer alptraumhaft wiederkehrenden weise als ein schon seit langem übergangenes problem)