dhonau: mit heruntergezogenen socken


Dienstag, 30. August 2011


drei filme, ein großes unternehmen:
wir wollen uns neu versuchen




»„Dreileben“ heißt der Ort, an dem
Dominik Graf, Christoph Hochhäusler und Christian Petzold
eine Geschichte in drei Teilen erzählen. Um Liebe, Hass und Tod geht es. Und um die Frage, wie man das Medium Fernsehen in
Hochform bringt. «

nicht daß das faz.net-zitat so außergewöhnlich zitierungswürdig wäre, aber immerhin trifft es die angesprochene sache insofern, als diese drei gestern ausgestrahlten prismenhaft ineinanderspiegelnden filme etwas unternehmen, was für das medium fernsehen mehr als außergewöhnlich ist, und die frage nach der quote derart ins hintertreffen gezirkelt hat, daß der zuschauer, wenn er denn selber so in hochform war wie jenes 4 bis 5-stündige projekt, sich in allen facetten des menschseins herausgefordert sah.
im diesem ersten ("Etwas Besseres als den Tod" v. christian petzold) der drei filme wurde die geschichte erzählt eines medizinstudenten, der in einem krankenhaus arbeitet als praktikant oder etwas dergleichen und dort wirkt wie einer, den es überall, wo er ist, eher zufällig hinverschlagen hat, und der in seiner staunend wortkargen art wie ein ständiger zeuge des augenblicks wirkt. er redet wenig und sieht alles. kein wunder also, daß er etwas erlebt, kein wunder auch, daß sein chef einen narren an ihm gefressen hat und daß er seine schöne tochter auffallend gern in dessen gegenwart zu sehen scheint.
doch dann geschieht etwas ganz anderes, ein apartes migranten-mädchen wird von einem anonymen regisseur in den film eingeschnitten, füllt das bild aus, ist nicht mehr fortzudenken und übernimmt die hauptrolle. jetzt wird nur noch geliebt, es gibt nichts anderes, bis sie, die als zimmermädchen in einem hotel arbeitet, die ärmel aufkrempeln will: ab sofort soll der student wieder studieren, jedenfalls, wenn sie sex gehabt haben — und vor allem muß auch auf die golfparty gegangen werden, auf die sie der chefarzt und seine schöne tochter eingeladen haben. der junge hingebungsfähige student will dort aber nicht hin, und das mißversteht das erlebnishungrige mädchen vom gesellschaftlichen rand nicht, sie denkt, sie sei der grund, warum er nicht dort hinwill, nämlich weil er sich ihretwegen schäme.
schließlich landen sie auf der party, für die sie sich etwas daneben in schale geworfen hat, um es jedenfalls dann doch zu schaffen, daß er in die distanz geht und sich auf die chefarzttochter konzentriert, da die quasi schon auf seiner bettkante platz genommen hat, welchjenige wie eine metapher über den partyzelten des golfplatzes schwebt, wo man nur noch nach den häppchen greifen muß, die einem die privilegierte welt in umstandsloser nüchternheit entgegenstreckt. da kommt der mädchenmörder, dessen gesicht wir schon in sekundenaufnahmen wie ein verfolgtes tier auf der flucht in einigen wenigen eingestreuten szenen gesehen haben, ins spiel. da beginnt der erste film an aufzuhören: wir sehen den jungen mann mit der tochter ins trostlose happyendchen fahren, als aus dem radio jenes lied kommt, das wir schon zuvor in einer liebesszene mit dem migrantenmädchen gehört haben: cry me a river ... ein melancholischer barjazz, schmerzlich schön am rande zum kitsch, wie dieser film selber, der nur durch seine wortkarge nüchternheit davor bewahrt ist, tatsächlich kitschig zu sein, sondern sogar ganz das gegenteil, dem leben, von dem er erzählt, das zu lassen, was jeder erkennt, dem es noch überhaupt um irgendetwas geht bei all den belanglosigkeiten, mit denen wir andauernd umstellt werden, nämlich eben, daß es immer und vor allem gerade dann um etwas geht, wenn das keiner mehr zu sehen scheint oder sehen will ...

in diesem film ringt die "romanliebe", das hohe lied der liebe, das ewige um seiner selbst willen geliebt sein wollen mit der tatsächlichen bedürftigkeit realer menschen in ihren jeweiligen sozialen verortetheiten.
im spiegel der hohen tonlagen werden menschen, die auch in der liebe ums überleben kämpfen, gerne in unterschwelliger verächtlichkeit gezeichnet. in diesem film aber schlägt sich der widerspruch zwischen, sagen wir mal, der realen und der hohen liebe zu jenem raum auf, in dem sich unsere beziehungen zu bewähren haben. das macht die sache ungeheuer anregend und spannend

hier ein link einem dominik graf-interview zu diesem projekt
(weitere selbstaussage dominik grafs:

„Ich wollte mal von außen auf das Thrillergenre schauen, ich wollte eine Story finden, die wie von einem anderen Autor/Regisseur ist, einem Regie-Alter-Ego von mir sozusagen, der mit Thrillern nicht so recht etwas anfangen kann, sondern dessen Filmographie nur aus kleinen Beziehungsgeschichten besteht.“ " siehe hier

im zweiten film rückt der mädchenmörder (ausgezeichnet gespielt von stefan kurt), der auf der flucht ist, da er offensichtlich, was der erste film nicht beantwortet hatte, schon einmal in polizeilichem gewahrsam, wie das so schön heißt, gewesen war, und jetzt in irgendwelchen deutschen wäldern herumstreift. womöglich handelt es also, wie der film an dieser stelle noch nicht explizit gemacht hat, um einen noch nicht verurteilten, des mädchenmords verdächtigen mann.
der zweite film (dominik grafs "Komm mir nicht nach") erzählt, wie eine polizeipsychologin zum zwecke ihrer fachspezifischen recherchen (um ein täterprofil des flüchtigen zu erstellen) in diese gegend reist, und bei einer langjährigen freundin, die dort in der nähe mit ihrem mann (einem schriftsteller) wohnt, unterkommen kann. jetzt verlagert sich aber die geschichte auf die beziehung zu ihrer freundin. wieder gerät der fall des vermeintlichen mädchenmörders ins marginale ...
wieder geht es sozusagen auf dem hintergrund dieses kriminalfalles um liebe und menschliche beziehung: die freundinnen fangen an in alten erinnerungen zu schwelgen. es geht schnell um einen mann, den sie scheinbar beide, wie man heute so schön unschön sagt, auf dem schirm hatten. dabei ist es eher unwichtig, daß beide nicht so richtig an den mann haben herankommen können, sondern daß das vertrauensverhältnis, das eine so enge freundschaft beinhaltet, zwischen den beiden sich als nicht begründet herausstellt. solche fragen gehören eher zum unkommunizierten teil ihrer freundschaft, was besonders dann habhaft wird, als die psychologin zu dem mann ihrer freundin in "kußnähe" kommt und dabei den blick streift ihrer freundin, die das aus einer gewissen distanz beobachten muß. jetzt wird zwar die "bewegung" zu dem ehegatten der freundin abgebrochen, aber der eigentliche riß offenbart sich als der in der frauenfreundschaft: jetzt erst, mit diesem riß, bekommt diese beziehung etwas reales; und auch wenn diese beziehung der frauen zueinander auf falschen voraussetzungen beruht zu haben schien, gewinnt sie mit diesem riß eine wahrheit, die den boden für jede bewertung entzieht. eine beziehung wird nicht hergestellt von irgendwelchen programmen, sondern verhindert, könnte man auch sagen
der dritte film, hochhäuslers "Eine Minute Dunkel"


dhonau, 16:59h
=zeit war`s

film und leben   315

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