"Werner Schroeter, geboren am 7.April 1945 in Georgenthal, Thüringen, war ein führender Regisseur des Neuen Deutschen Films, reüssierte später auch als Inszenator von Theaterstücken und Opern. Musik, vor allem die von Maria Callas, prägte sein Werk, in Melodramen wie „Neapolitanische Geschwister“ (1978) und dem Berlinale-Gewinner „Palermo oder Wolfsburg“ (1980) wandte er sich auch sozialen Anliegen zu. Bekannt ist auch Schroeters umstrittene Bachmann-Verfilmung „Malina“ (1991). Am 12. April 2010 ist der seit Langem schwer krebskranke Regisseur in Kassel gestorben."
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2010)
dieser pressetext, der ein wenig hölzern daherkommt, paßt überhaupt nicht zu schroeter. ich war mitte der 70er jahre nach einer vorführung im heidelberger GLORIA kino, glaube, es war salome, mit ein paar anderen zuschauern, vermutlich nur studenten, und dem regisseur selber im WEISSEN BOCK (wo sich damals alle möglichen studenten- und politgruppen trafen), um ein wenig après-film zu halten, zu diskutieren ..., na ja. obwohl ich diese mischung aus kadergehabe und seminarathmosphäre in jenen tagen haßte, war ich als fan der schroeter-filme doch mitgegangen schroeter war zu jener zeit in allen linken kunst- und politszenerien sehr ambivalent gehandelt. einerseits kam er aus der homosexuellen befreiungskunst, andererseits aber äußerte er sich nicht als schwuler kampfkünstler wie sein ex-freund rosa von praunheim, der explizit emanzipationspolitische ziele verfolgte. er selber wollte sich nicht als homosexuellen künstler sehen, und seine filme waren auch ästhetisch inkorrekt, denn sie hatten stark manieristische elemente, waren also hochgradig antirealistisch, strotzten vor bildhafter posen-darstellung, gefrorenem pathos. das aber gefiel mir und meinen freunden damals gerade. die pose, die stilisierung konterkarierte die linke "meinungskunst" und hatte gerade deswegen eine zutiefst subkulturelle ausstrahlung. sie widersetzte sich jeder politischen vereinahmung. wir, meine politisch verwahrlosten freunde und ich, hatten die schnauze voll von dem ganzen politjargon, der damals im umlauf war, und der nach allen seiten, insbesondere auch den künsten, ideologische forderungen stellte und einer rechtgläubigkeit frönte, der gegenüber alle natürlich von vorneherein verdächtig waren. schroeter war zwar wegen seiner antibürgerlichen haltung, seiner "gender-anarchie" gelitten, aber zugleich wegen seines ästhetizismus' als kunstwichser (so die drastische linke kritik) angesehen worden. nebenbei gesagt: zeittypisch war ebenso, daß — von einem aufkommenden kampffeminismus, der in dieser phase noch solche verkrampfungen in sich barg — etwa die klassischen deutschen märchen wegen ihrer patriarchalen struktur zum großen teil indiziert waren. kaum zu glauben, – aber solch lächerlichen ausmaße nahm dies linke aussonderungsgehabe an. schroeter war gegenüber solch kleinbürgerlich gefärbtem verfolgungswahn resistent. er liebte das pathos der oper, die ekstase in der kunst, großes theater, den freiheitsdrang des bohemien