kommentar zum vorigen beitrag über sinnliche gewißheit und UNMITTELBARKEIT
im vorigen beitrag war es mir wichtig, den impuls, der auf jeder ebene des aussagens (und sei es auch nur derart, daß er unterdrückt wird) zu beschreiben. dieser impuls kann in seiner primären form naiv genannt werden, denn er will den gegenstand, worüber gesprochen werden soll, in seiner unmittelbarkeit (unverfälschtheit) und seiner gänze zur aussage bringen. (man könnte hier auch vom propositionellen impuls alles redens sprechen) aber jeder, der diesen impuls in sich noch spürt, hat die mehr oder weniger zur routine gewordene erfahrung gemacht, daß er (und durchaus auch: sie [haha]), wenn er etwas sagt, das andere NICHT sagt. so so steht jede aussage unter dem aspekt ihres angewendeten begriffs, die ihren gegenstand immer auch in seiner komplexheit unterschreitet. (vgl. hegels berühmtes diktum: DAS WAHRE IST DAS GANZE). und die fähigkeit zur sog. komplexitätsreduktion ist es ja sogar, die menschliche intelligenz ausmacht; so jedenfalls eine gängige formulierung. die "befragung" eines phänomens, das problematisierende wahrnehmen, vollzieht sich in der bereitschaft, viele aspekte auszusparen und den besonderen EINEN in paradigmatische stellung zu bringen. darin drückt sich das aus, was wir auch erkenntnis-INTERESSE nennen. wir verlassen den standpunkt des bloß neutralen äußeren betrachters (den wir gar nicht innehatten, denn wahrnehmen heißt sich zu interessieren und lat. interesse bedeutet dabeisein) und stellen unseren "erforschungs"-gegenstand in das "licht" einer interessierten begrifflichkeit. (das ist auch im weitesten sinn das, was einstein mit der relativitätstheorie meint, wenn wir zu aussagen kommen, die den begriffen von raum und zeit geschuldet sind). die naive vorstellung, wir würden das, worüber wir reden und nachdenken, in seiner ganzen wahrheit erhalten, könnten wir dieses SPRECHEN sozusagen wieder von den gegenständen nehmen, versteht nicht, daß wir alle unmittelbarkeit (unsere unschuld sozusagen) verloren haben. wir müssen IRGENDWIE mit unserer sprache durch die tausendfach vermittelte (mediale) welt durchkommen. da hilft nur, ein schlaues bißchen den bezug zu unserer NAIVITÄT nicht zu verlieren. dafür braucht es ein vertrauen, das sich nicht durch schlechte erfahrungen umschmeißen läßt. ein vertrauen in die natur, die wir bei aller kritik unserer gar schröcklichen gattung MENSCH immer noch sind und bleiben. ja, wir SIND natur) die uns immer auch innewohnende freiheit (wenn sie auch manchmal außer kraft gesetzt zu sein scheint), sich auf bessere möglichkeiten, die in jedem und allem schlummern, zu beziehen, sollten wir im training halten, irgendwie.
auf der stufe der "sinnlichen gewißheit" entstehen die begriffe von mittelbarkeit und unmittelbarkeit
es ist ...
soll hier nicht meinen: eine aussage des existierens (= existenz-kopula IST), sondern sozusagen: eine rudimentärform des aussagens von eigenschaften der es auf dieser stufe noch an begriffen gebricht ("und von dem Auffassen das Begreifen abzuhalten") das ist nach HEGEL die SINNLICHE GEWISSHEIT – die vorstufe zur wahrnehmung (man könnte auch von wahrnehmung als der generierung von eigenschaften + ihrer begriffe sprechen) so als wollte im gegenzug ein sprecher – der noch nicht über sprache verfügt – sagen: diesda ist ... (irgendwie, so oder so beschaffen) (etwa: blau, groß, haarig, etc.) aber kann es nicht infolge begriffslosigkeit (haha)
(s. DIE PHÄNOMENOLOGIE DES GEISTES v. F. W. HEGEL)
(in obiger, doch einigermaßen langen ÜBERSCHRIFT soll angedeutet werden, daß wir auf der stufe der sinnlichen gewißheit noch gar nichts sagen können, also müssen wir auf den titel verweisen; uns interessiert hier nur eine zugrundelegung des elaborierten sprechens ohne inhalt)
der mensch will — auf der stufe des übergangs vom animalischen lebewesen zum sprache habenden (un)tier, und das ist die sinnliche gewißheit — das ding, den gegenstand seines sprechens unmittelbar sagen (als ganzes). da aber jedes sprechen (mittelbar) über das medium der sprache geschaltet ist, bleibt die sinnliche gewißheit sozusagen (unmittelbar) stumm; es sagt noch nichts, aber meint dafür alles (das ganze). daraus leitet sich ab, daß alles zu sagen ein und dasselbe ist, wie nichts zu sagen
es war an einem schönen zappendusterdonnerstag, herr v. u. z. scheußenbach langweilte sich gar nicht wenig, saß da, vor, neben oder in seinem teller, und rang um eine träne, preßte und preßte, bis ihm endlich ein dicker tropfen zwischen die beine klackste. solche dinge tat er, wenn er mit sich alleine war. mein gott, dachte er, es ist als hätte ich meine höchsteigene nummer gewählt, schon klingelt es am anderen ende der langen leitung. ist das lustig, höre ich mich sagen. aber so als würden mich die worte, die mir da entkommen und doch an mich selber gerichtet sind, hinter sich herziehen. worte, die schon lange nicht mehr im gebrauch waren (brachland). manche, die ich nur aus der ferne zu kennen (strangeland) schien, nie benutzt hatte. so wie "krümel" zum beispiel. seltsam. KRÜMEL. immer wieder sprach ich es laut vor mich hin. es klang mit der zeit immer ekliger. immer hohler, es tat mir richtig weh im resonanzkörper. krü-mel, krü-mel, krü-melll scheiße, dachte ich, scheiße, totale scheiße. ich war von den socken, endlich wußte ich, daß ich nichts, also beinahe das NICHTS (in einer rudimentären form des prädizierens – oi!!) (aus)sagen KONNTE (also dazu beFÄHIGT war), nicht, wie es etwa von UNFÄHIGEN politikern gesagt wird, daß sie redeten, ohne etwas zu sagen. so ein allgemeines gequatsche der LEUTE halt, wenn sie über diese kaste herziehen. nein, ich konnte so ein wort, irgendeines hinstellen und durch bloßen gebrauch implodieren lassen. mein gott, war mir schlecht, es war als würden sich mein hirn, von zelle zu zelle, mit sich selber unterhalten, und mit nur diesem einen ziel, nämlich MICH unbeteiligt zurückzulassen. krank, absolut krank, dachte ich, und beschwor mein zwerchfell, ruhe zu geben. vergeblich. ich versank regelrecht in einem mich umwölkenden donnerkrachenden lachen. seit ewigen zeiten meide ich meine gesellschaft. halte mich zurück. oder gehe mir aus dem weg. ja. aber. kommt mir wieder so ein freilaufendes opfer unter, so ein schwach eingehegtes, von allzuvielem gebrauch verschontes wörtlein, dann gebe ich das kommando und packe es beim SCHOPFE (in diesem altem "e"-dativ), setze es aus in einem unerprobten zusammenhang mit quasi herumstehenden anderen wörtern. man könnte dieses verfahren die neurotisierung des normierten gebrauchs nennen. ein verflüssigungsverfahren, das hier unserem mit-blogger hartelinie gewidmet ist.
es zeichnet sich die stählung des heroen ab. egal, was ihm nachgewiesen wird an – (wie sollen wir sagen?) menschlichen fehlern ... (aber muß alles so überdeutlich gesagt werden?) ... an unserem helden prallt es ab. die menschen, die nicht immer nur allles unter kontrolle haben wollen, die sich auch mal hinlegen wollen und ausruhen von all der aufmerksamkeit, die aufzubringen ist gegen die globalen virtuell-oberrealen aufdringlichkeiten, die in jedem haushalt nisten, weil wir nicht mehr wissen, welche tür wir zuhalten sollen gegen diese kolporteure (alt-neu-deutsch: hausierer), die uns schon verkauft (oder im netz) haben, bevor sie uns irgendetwas gefraget. ja, wir wollen endlich loslassen dürfen, und das heißt diesesfalls: unterlegen sein, ganz und gar. wir brauchen nicht länger mehr einen bürgerausweis, sondern einen (good, würde vielleicht einemaria (help her god!) sagen) untertanenstatus, und dafür braucht es aber wiederum einen, sagen wir mal, in aller demokratiererei bewanderten könig, der nur darum könig ist, weil er das, was die windbeutel der parteien seither hinter vorgehaltener hand sagen und im hintersten winkel tun durften, vor allen kameras der welt sagt und tut. das ist der moderne heldenstatus, den unser freiherr bald erklommen hat. endlich läßt ein volk los, da legt's uns nieder. der könig aber sagt: tretet zurück! damit ich vortreten kann. pas de dieu. (oder so ähnlich) endlich haben wir einen, der sich nicht mehr so einfach messen läßt. einzigartig. groß.
der sich selbst be"wissende" mensch kommt gleichsam von außen auf sich hin und zu — hin und weg
von außen
[= sich selbst und der welt vermittelt]
bewusstheit steht für den alles grundierenden verlust von mitte; d. h. den verlust von unmittelbarkeit durch alles das, was wir im weitesten sinne SPRACHE nennen. sprache bedeutet immer kommunikation nach innen und außen. daher ist sprache ein phänomen der existenziellen grenzposition des menschen. er kann weder vollkommen sich selbst noch vollkommen ein anderer sein. das steht ebenso für sein bedürfnis nach erlösung (eben aus dieser grenzposition).
der mensch ist das mediale tier schlechthin. auf ein extrem hochgerechnet bedeutet diese position: sowohl ALLEM äußerlich zu bleiben, wie ALLES zugleich zu enthalten: das wäre die (begriffstechnische) position (der "POSTEN" oder Die STELLENBESCHREIBUNG) GOTTES
oder unter anderem titel: des ganz und gar ENTGRENZTEN oder GRENZENLOSEN WESENs
noch einmal: rainald goetz, narzißmus und selbstbearbeitung
die furcht vor dem alltag als ewiges bloßes stumpfes wiederholen und die auflösung dieser furcht in: sich (tag für tag) wieder zu holen – aus dem sumpf, aus dem einerlei und der unterschiedslosigkeit, aus dem dahindämmern, der gleichgültigkeit usw. usf.
das besondere an rainald goetz' essay über den verwaltungsbeamten und berühmten vertreter der tagebuchliteratur samuel pepys ist neben dieser erkenntnis, daß das schreiben als ein selbstbearbeitungsverfahren sich zeigt, ja, mehr noch, als regelmäßiges tägliches SICH-AUSÜBEN, das andeutet, was wir schon in dem klosterparadigma gefunden hatten, nämlich die REGULA als eine technik, sich von aller bestimmtheit und SO-GEWORDENHEIT zu lösen, als ein überstimmungsverfahren von GEPRÄGTHEIT und ERZIEHUNG, das sich in der REGULA "TAGEBUCH" als ein ÜBERSCHREIBUNGSVERFAHREN manifestiert; die tägliche übung, die das paradigma des atmens zugrundelegen könnte, denn das atmen ist keine frage des entscheidens, sondern heißt LEBEN; so muß die regula verstanden werden, als eine antwort auf die frage, wie (über)lebe ich, nämlich tag für tag. ein mensch hat sein maß in sich selbst zu finden, er oder sie selbst ist maßgebend für sich selbst. aber dieses maß ist jeden tag als REGULA einerseits herauszubilden aus dem wust, der das leben auch sein kann; andererseits gibt es dem tag, was er ist: nämlich (ur-)REGULA zu sein, durch den alle menschen rhythmisiert werden. ja, diese erddrehung um sich selbst, tag genannt, gibt jedem menschen struktur — und sich dagegen zu sträuben, ist im extremen eine haltung wider das leben (und seine alltäglichkeit). der tag KANN als tagebuch die konkrete einübung sein in das, was wir SELBSTBESTIMMUNG nennen (im engeren sinn auch: selbsterziehung). übrigens, sich gegen den alltag zu stemmen kann auch als eine manifestierung des narzißmus genannt werden, denn der GROSSARTIGE hält sich und alles andere in seiner wiederholtheit nicht aus, denn das ist ja geradezu DER gegensatz zu EINZIGARTIGKEIT.