dhonau: mit heruntergezogenen socken


Dienstag, 8. September 2009


ein torso ...






ist doch, nachdem der mensch — endlich auf zwei beine gekommen, aufgerichtet mit einem blick in die horizontale weite, frei schwingenden armen, mit händen zur freien fabrikation, — ein alptraum.
des STEHENS entledigt, der position (von lat ponere = setzen, stellen, legen) jedenfalls, die von allen stellagen am schutzbedürftigsten ist, (die viel beschworene menschliche FREIHEIT ist doch "nur" dieser begriff, den die menschen erlangt haben, womöglich gerade weil sie das (durch sich selbst) VERFOLGTE lebewesen schlechthin sind (homo homini lupus; etc.), stellt sich schließlich freiheit als ein schweben heraus, das aber ist die bewegung, in der der torso in seinem abstraktionsprozeß zur allgemeinsten vorstellung (sozusagen: nach hause) kommt — ein torso, weil ohne extremitäten, schwebt, und da das SEHEN erst in der loslösung vom menschlichen auge zur größten leistung gelangt (denken wir an die teilchenbeschleuniger als die sichtbarmachung subatomarer welten), wenn es also aus aller leiblichkeit externalisiert ist. dann ist es aber auch kein wunder (obwohl es ein wunder ist), daß wir den (an)blick des torsos FÜRCHTEN.
natürlich werden Sie jetzt sagen: ICH, ich fürchte keinen torso, schon gar nicht diesen da, der im museum von tausend augen erodiert sein unleben fristet.
tja, kann ich nur sagen, das fürchten will gelernt sein. nicht umsonst erzählt ein bekanntes märchen die geschichte von einem, der auszog, das fürchten zu lernen ...
seien Sie also nicht vorschnell stolz auf diese Ihre furchtlosigkeit




dhonau, 21:29h
=zeit war`s

torso-aengste   294

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du mußt dein leben ändern (IX)


wenn wir das buch sloterdijks, das also auf das rilke-gedicht vom archaischen torso apollo zurückgeht, (aus dessen nachgeordneter mitte UNVERMITTELT das autoritätsverdikt DU MUSST DEIN LEBEN ÄNDERN! herauspringt), aus dieser so hergestellten entfernung betrachten, dann haben wir zugleich auch im blick, daß alles bei rodin beginnt, dem sich rilke genähert hat, um nicht zu sagen, er ist dem bildhauer auf die pelle gerückt, um als verlorener lyriker, der er bis dato doch gewesen war, sich ihm anzuschließen als einen DING-gestalter, um wieder und gewissermaßen neu, von vorne, zu erlernen, daß alles gestalten sich an diesem DING-paradigma zu messen habe, um einerseits zu begreifen, daß alle abstraktion letztlich sich selbst als diese IRGENDWIE aufheben muß, um nicht rettungslos sich selbst verloren zu gehen (das ist das, was die umgangssprache mit SICH ERDEN meint); und andererseits zu begreifen, daß das DING letztlich nur der platzhalter sein kann für das, was wir mit dem konkret-greifbaren meinen, aber nicht sagen können, und gerade insofern ist das vielbeschworene DING das allerabstrakteste — und um aus all diesem wirrwarr unseres sprechens herauszufinden suchen wir immer wieder anschluß an eine autorität, die all dies sprechen übersteigt und befriedet ...
das war seither das geschäft der religion, aus deren klauen sloterdijk "das alles" herausreißen möchte, indem er sich zu der behauptung versteift, religion gebe es gar nicht (mehr), das, was von ihr noch in umlauf ist, das sind die gerüchte, mit denen die diversen amtsträger und firmeninhaber (päpste und dergleichen) ums überleben kämpfen — wie ich finde, gar nicht einmal so erfolglos




dhonau, 15:56h
=zeit war`s

religion   297

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du mußt dein leben ändern (VIII)


« Es liegt in unserer senkrechten Stellung zur Erde, andererseits in der horizontalen lage unserer beider Augen, daß die senkrechte und waagrechte Richtung als Grundrichtungen aller anderen uns eingeboren sind. Wir verstehen alle anderen, beurteilen und messen sie erst im Verhältnis zur Waagrechten und Senkrechten. »
(a. v. hildebrand [1847 - 1921]; zit. nach eduard trier, bildhauertheorien im 20. jahrhundert, s. 165 f, berlin 19924)


« Wie wichtig die Vertikalachse für die monumentale Plastik ist, hat auch die Kunstwissenschaft der Zeit um 1900 zu bedenken gegeben. August Schmarsow stellte in seinen "Gurndbegriffen der Kunstwissenschaft" (1905) fest, daß die Aufrichtung der Vertikalachse der Ausgangspunkt für das tektonische Mal und für das menschliche Individuum sei. "Der Kern des menschlichen Einzelwesens als eines selbständigen Körpers im Raum wird dadurch konstituiert", schrieb der in Leipzig lehrende Kunsttheoretiker, der sich vor allem der Erforschung der Bildhauerkunst gewidmet hatte, und verallgemeinernd stellte er die These auf: "Von dieser Dominante des dreidimensionalen Komplexes beginnt die konkrete Gestaltung in irgendwelchem Material; denn nach dem Höhenlot unseres eigenen Leibes beurteilen wir alle Kreatur." (op.cit., S. 234) » (s. 166, ebd.)


« Der Mensch als das Maß aller Dinge, — dieser Glaubenssatz ist bekanntlich von den Dadaisten, insbesondere von HANS ARP (1886-1966), in Frage gestellt worden. Aber auch er leugnete deswegen nicht die Faszination der Vertikalen, so selten sie auch in seinem Oeuvre in Erscheinung treten sollte. Nur der Satz von Hans Arp, den er 1955 im Gespräch mit C. Bryen fallen ließ, verrät sein Interesse, das sich möglichwerweise von Werken anderer Bildhauer hatte anregen lassen:

"Die Vertikale zielt auf das Unendliche"[...] » (ebd.)

an anderer stelle ist diese vertikale von mir schon zur menschlichen bipedie, dem aufrechten gang, in korrespondenz gestellt worden. und daß das menschliche sich aufrichten ein gattungsstiftendes wie zugleich gattungsübersteigendes merkmal (der "frevel"-disposition des menschen) ist, zeigt sich auch in der hier von arp behaupteten konnotation der vertikalen mit dem unendlichen, sprich unbegrenzten. wir könnten das auch in die formel bringen vom menschen als der starkbegrenzt-starkunbegrenzten gattung, und – um die satirische implikation noch deutlicher werden zu lassen: als der unbegrenzt-begrenzten gattung
wie auch immer, wir sehen in diesen gedanken auch ein allgemeine formulierung dessen, was die religiöse dispostion des menschen markiert. das, was sloterdijk in seinem hier angesprochenen buch mit OBEN meint, wenn er auf das rilke-gedicht vom ARCHAISCHEN TORSO zu sprechen kommt.

« Noch deutlicher hat sich JOEL SHAPIRO (geb. 1941) im Zusammenhang mit seiner Plastik "Plastik ohne Titel 1983" erklärt:
       "Die Vertikalität ist eine Kernfrage der Bildhauerei. [...]"
Katalog Joel Shapiro, Stedelijk Museum Amsterdam u.a.O., 1985/86; S. 45." » (s.167, ebd.)




dhonau, 14:18h
=zeit war`s

vertikale   362

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