dhonau: mit heruntergezogenen socken


Montag, 12. September 2011


identität, kenntlichkeit, autorenschaft, belangbarkeit


wenn wir nochmals in den zusammenhängen der letzten einträge auf das thema INDIVIDUUM zu sprechen kommen, dann geht es auf der höhe (und den untiefen) unserer zeit ja nicht nur um die unverwechselbarkeit, die einzigartigkeit und die gar nicht einmal so oft beschworene kostbarkeit des EINZELNEN (gott liebt auch dich und deine krumme zehen), sondern auch um soziale präsenz, wirkkraft, autorität, karismatische potenz, also eben auch um einen überschuß über die landläufigen erklärungsmöglichkeiten hinaus, schlicht um — MAGIE:

mit all diesen begriffen aber haben wir die sphäre des ver-EINZEL-ten, des insularischen, verlassen.
es geht um den einzelnen in seiner wechselwirkenden bezogenheit auf andere

niemand ist nur durch sich das, was er ist. er ist schon immer aufgetaucht aus sozialen sphären in diese seine kenntlichkeit hinein, er soll von nun an der AUTOR seiner vielfältigen äußerungen sein, aber auch jederzeit belangbar für das, was dieser autorenschaft zugeordnet ist. daher ist ein soziales immer auch ein rechtswesen.
schon deswegen ist klar, warum viele auch davor zurückschrecken, sich bis zur kenntlichkeit zu entfalten.

wenn es aber so ist, daß niemand nur allein durch sich selbst das ist, was er ist, dann fängt er an (auch) das zu werden, als was er gilt.

wenn dem aber so ist, dann ist etwa die aussage, man schätze jemanden um seiner selbst willen, von vorneherein problematisch.
wir sagen: keiner ist durch sich allein irgendetwas.

dennoch kann eine liebeserklärung, der ja immer zugrundeliegt, man sei von jemanden so betört, daß man gar nicht mehr in nutz und interessiertheit denken könnte, durchaus ihren sinn haben.
wir sind dann aber im bereich der oben angesprochenen charismatischen wirkfelder, einer magie, die begrifflich den boden des INDIVIDUELLEN in seiner absolutheit in frage stellt. aber dieser begriff beansprucht ja implizit gerade so etwas wie autonomie, unabhängigkeit, bedingungslosigkeit.
ein mensch, jedenfalls einer, der sich bis zu seiner wirkmächtigkeit entfaltet hat, spielt über seine individualität in energetischen geschehnisse hinein, die seine autorenschaft in gewissen bereichen doch sehr in frage stellen. so würden wir bei manchen sätzen, die einem mensch entfleuchen gerne wissen, wer oder was da aus ihm gesprochen hat, nicht wahr?


dhonau, 21:55h
=zeit war`s

individuum   377

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