dhonau: mit heruntergezogenen socken


Donnerstag, 22. September 2011


von
alexander dem großen
zu
alexander dem klugen




der große alexander ist richtig beunruhigt — wer hätte ihm das zugetraut, dem herrlichsten aller feldherrn, wenn wir nicht wüßten, daß seine reinkarnation eine läuterung darstelle vom rücksichtslosen welteroberer zu einem empathetischen welterklärer, und jetzt natürlich KLUGE heißt:

also noch einmal zum mit- und abschreiben: ALEXANDER, der KLUGE, seines zeichens welterklärer, intellektueller kolonisatör und imperationalist, macht seinem namen nicht nur alle ehre, sondern stellt ihn auch noch in den schatten, sodaß keiner sich je hinreißen ließe, mit diesem seinem namen wortzuspielen — außer vielleicht dhonau, der es nicht gerade wagte, sich einen bruder im geiste zu nennen, gott bewahre vor selbstüberhebung, nein, nein, aber riskieren wir doch eine kleine nähe zum GROSSMEISTER, um eine wenig von seiner heiligkeit zu naschen: dhonau sieht sich immerhin als leidensgenosse in der disponiertheit, immer nur übers kleinste, abwegigste, marginalste zu reden, um von dort sogleich einen bogen zum großenganzen zu spannen.

jetzt haben wir in der heutigen ZEIT einen wunderbaren artikel über den meister und sein neues buch über — griechenland.

in dem gespräch, auf das sich der artikel von ADAM SOBOCZYNSKI bezieht, kommt kluge offenbar schnell zu sprechen auf seine beunruhigung über die aktuellen geschehnisse, denen wir scheinbar nicht mehr angemessen begegnen könnten, es rieche geradezu nach katastrophe und revolution.
nun kommt der meister nicht aus den geläufigen beispielen von finanzwelt, atomkraft, klimakatastrophe, arabische revolutionen und dergleichen zu sprechen, sondern, wie der artikel darlegt, auf anekdotische verknüpfungen mit diesen globalen themen.

hier ein zitat:

"Ganz kurios sei die Geschichte eines deutschen Bezirkskommandeurs, der in Griechenland 1941 mit Studienräten und Volksschullehrern Stätten der Erwachsenenbildung zu installieren suchte, um die Griechen wieder zu richtigen Griechen zu machen — hatten doch einst die Goten unter Alarich (die als Ahnen des deutschen Reiches galten) die Ober- und Mittelschicht des Landes vertrieben und einen über Jahrhunderte andauernden Bildungsnotstand herbeigeführt. Noch Teile der Wehrmacht hätten als Besatzungsmacht deutschen Geist und verloren gegangene Antike von oben herab zu versöhnen versucht (während andere Teile in Griechenland die grässlichsten Massaker verübten).
[...] Und natürlich, sagt Kluge, sei es nicht ganz frei von Ironie, dass nun abermals ein Deutscher, der EU-Beamte Horst Reichenbach, einem Expertenteam vorstehe, um Verwaltungsreformen zu unterstützen, und damit ebenfalls, wie der Bezirkskommandeur, Erwachsenenbildung betreibe."

"Griechenland" heißt es weiter in dem artikel, "ist für die Deutschen seit je ein Land größter Utopie (Winkelmann, Iphigenie, Sirtaki et cetera) und größter Enttäuschung gewesen, es pendele in ihrem Vortsellungsraum zwischen idealer Antike und verlottertem Balkan, Schlendrian und Chaos."

der autor hatte zuvor den meister charkterisiert als jemand, bei dem man sich darauf einzustellen habe, daß es immer ums ganze geht, "um Weltgeschichte, um verlorene Zeitschichten, die in unsere Gegenwart hineinragen"

ja, da sehen wir, daß es schon seit hundert jahren ein thema ist, griechenland zu retten. und weil es nicht nur zu europa gehört, zum euroland unserer tage, nein, wir haben schließlich unseren (alp)traum von kontinentalem zusammenschluß den (alten) griechen zu verdanken.

der rettungs(schirm)gedanke also hat den humanistisch "formatierten" teil der deutschen offenbar seit je bewegt, vielleicht, weil wir die besseren griechen sind, die ja eigentlich, was staatskunst, finanzwesen etc. anlangt, über die italiener zu uns gekommen sind, deren sozusagen zweite, nach der römischen adaption griechischer kultur rinascimento/renaissance heißt, während die griechische "botschaft" oder die verbreitung des griechentums durch alexander den großen auf die damalige welt hellenismus genannt wird, dessen erfolg auf der klugheit alexanders beruht, den besiegten keine assimilation abzuverlangen etc.

die griechen haben sich an europa übertragen, haben sich darin verzehrt und historisch erschöpft, dann haben sie wie altaristokraten auf die europäischen emporkömmlinge allüberall mit einer mischung aus be-, verwunderung und leiser verächtlichkeit geschaut, wie sie alle rennen und tun, während doch der grieche niemals in gebückter haltung irgendwelchen touristen hinterherhechelt, weil der kunde könig ist, bestimmt nicht!
höchstens, daß sie den mitteleuropäischen frauen zum urlaub von ihren emanzipatorischen anstrengungen verhelfen oder -halfen, in dem sie ihnen noch ein wenig machismo, den sie ihren eigenen männern ausgetrieben haben, zur verfügung stell(t)en.
das heißt doch, wenn wir uns diese kritische zuspitzung gestatten, daß hier schon eine gewisse restaurative energie am werk war. während unsere in der verfassung verbriefte menschenwürde in griechenland vor allem eine männliche farbe hat, ist sie in den erfolgreichen volkswirtschaften, soweit sie gestalt gewonnen hat, vor allem auch eine, die auf dem recht von arbeitnehmern zur organisation beruht und dem schutz vor erniedrigenden arbeitsbedingungen.

alle europäischen staaten leben auf pump, der über die finanzmarktmechanismen an die allgemeinheit übertragen wird. während einzelne volkswirtschaften das bislang wegstecken konnten, stellt sich heraus, daß unsere wettbewerbsorientierten sozialen marktwirtschaften nicht nur ihre verlierer zu alimentieren haben, sondern auch die staaten, die im wettbewerb der volkswirtschaften verlierer darstellen.

daraus folgt, daß die gesellschaften sich mit dem kapitalistisch grundierten begriff des wettbewerbs auseinanderzusetzen haben. darum werden sie nicht drumherumkommen, garantiert nicht.



nachtrag vom 25. 9.:

natürlich werden im rahmen einer solchen allgemein gestellten frage antworten parat stehen, die sehr vorhersehbar ausfallen werden ... , ja, aber wer weiß, wer weiß ...?

wenn wir uns nicht nur reflexhaft zum begriff des wettbewerbs (je nach weltanschauung) in position stellen wollen, erscheint dieser doch zunächst auch als das natürlichste, das vitalisierende oder jedenfalls dynamisierende element im sozialen schlechthin, während wir mit dem sozialen doch ansonsten im herrschenden sprachgebrauch hilfe, unterstützung, miteinander und dergleichen verstehen.
bei etwas längerem nachdenken sehen wir alsogleich, daß die entfaltung des begriffs des sozialen aus der gegensätzlichkeit, die ihm offensichtlich innewohnt, seinen sinn offenlegt, uns über die engeren beziehungen der familie und des "stammes" in größere formate menschlicher gemeinschaft einzubeziehen, die uns ins sogenannt gesellschaftliche tragen.
ein mensch wird erst mensch, wenn er auch außerhalb der familie eine präsenz entwickeln kann: im politisch-öffentlich-gesellschaftlichen raum (als wähler, bürger, teilnehmer und organisator von öffentlichen ereignissen, als käufer und – womöglich organiserter – arbeitnehmer etc.)
man könnte soziale auch übersetzen in den begriff der medialen kompetenz, die einen menschen heute zum teilhabefähigen gesellschaftswesen werden läßt; dabei wäre nicht nur von den medien im engeren sinn die rede, sondern von allem, was unterschiede und gemeinsamkeit in einer gesellschaft herstellt. wer sich von anderen nicht unterscheidet, wird mit ihnen keine gemeinschaft herstellen können, der ist nicht vertrags-, nicht kompromiß-, nicht, freundschafts-, nicht beziehungsfähig. wer angst haben muß in beziehungen zu verschwinden, wird sie nicht so ohne weiteres eingehen – es sei denn, er oder sie ist darauf geeicht zu verschwinden, auf minimalpräsenz

so gestalten sich die jahrhunderte in die herausbildung immer größerer formate bis schließlich über uns dies große allumspannende netz geworfen ist, an dem doch jeder zugleich auch anfängt mitzuspinnen.

da ist auch schon der hochinteressante punkt des umschlagens vom passiv zu aktiv und umgekehrt avisiert.

wenn wettbewerb eine form der komplexitätsreduzierung darstellt, vereinfachender spielregeln, die darüber entscheiden, wer gewinner und wer verlierer ist, so wird in dem maße, wieviele menschen dieser wettbewerb miteinschließen kann, die relativität dieses spiels schnell auch vergessen sein, ja, im extremen zum absolutum werden.

der wettbewerb um die aufmerksamkeit, der aus menschen kunden oder käufer werden läßt, ist tatsächlich ein solches absolutum geworden.
da kommen wir dann schnell dahinter, daß mit der semmel nicht nur das brötchen verkauft wird, sondern sich mithin ein austausch organsiert, der mehr ist, als der wechsel zwischen gebrauchten gegenständen und geld.
der maßstab, den solche (waren)verkehrsformen etablieren, nimmt eine allgemeinheit an, eine allgemeingültigkeit, daß menschen, die in diesen wettbewerben schlecht aussehen, ihr selbstwertgefühl einbüßen. sie fangen an sich zu schämen, ein schamleben zu führen, die gesichtslosigkeit geradezu zu suchen, während doch jeder wettbewerb genau das gegenteil verlangt: brust raus, kopf hoch sopzusagen — aber schamleben bringen menschen hervor, die nicht hinausgehen ins gesellschaftliche, sondern in familiären beziehungen reduzieren, eindicken, mufflig werden, krummbucklig, gesenkten blickes durch die gegend laufen.

es kann nicht der sinn sein, daß ein mensch an wettbewerben teilnimmt, für die er nicht disponiert ist.
stellen Sie, liebe leserInnen, einmal vor, Sie kommen auf eine tagung der weitspringer dieser welt: ihr direkt oder indirekt kommunizierter wert hängt aller voraussicht nach davon ab, wie weit Sie persönlich springen können.
wenn Ihre fähigkeit eher darin läge, hochzuspringen, werden Sie vermutlich, da Sie, wenn Sie sich ins spiel bringen wollen, vermutlich mit Ihrer hochspringerei nicht durchkommen. schnell werden Sie erleben, daß wettbewerb immer auch von interpretationskämpfen begleitet ist. womöglich wird man ihre neigung, hochzuspringen, als vermeidungsverhalten auslegen. es ist auch nicht unwahrscheinlich, daß Sie bald anfangen, ihre hochspringerei ins weite zu ziehen, bis Sie ein erstes lob erhalten, das ein generöser sieger der weitspringergesellschaft Ihnen gewährt, obwohl ihr sprung nach dem maßstab der weite doch eher kümmerlich ausgefallen war.
Sie fangen an, um aufnahme zu betteln durch dieses Ihr verhalten. die erste aufmerksamkeit, die Ihnen entgegenplätschert, macht Sie disponiert, es wird mit Ihnen ein neuer aspirant für einen verlierer eingeführt in die mächtige lobby ein weitsprungdisponierten gesellschaft.

setzen Sie dagegen etwas, für das Sie disponiert sind, auch wenn das wenig applaus in den großen arenen dieser welt bringt, fangen Sie an zu lernen, allein sein zu können, bis Sie aus der schwerkraft Ihres selbstverständlichen tuns bei einzelnen anderen Interesse wecken.
aus Ihrer hochspringerdisposition haben Sie plötzlich ein spiel entwickelt, das Ihnen womöglich die freude zeitigt, die welt aus den verschiedensten höhenlagen zu betrachten etc. etc.
Sie lernen, Ihre eigene währung zu setzen, Ihre themen ins spiel zu bringen, – und nicht nach den regeln einer, um beim beispiel zu bleiben, weitsprungdisponierten welt zu tanzen, Sie lernen, die aufmerksamkeit von blicken zu entbehren, die nur sinn fürs weite haben.
das himmelhochjauchzende (und wird von Ihnen und Ihren mitbewerbern im hochsprungalltag in den sinn für viele brauchbaren höhenlage übersetzt werden


dhonau, 20:22h
=zeit war`s

alexander   507

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sensationeller auftritt brachte dhonau auf selah sue


dhonau, 16:40h
=zeit war`s

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