– übersetzen – die arbeit des geistes – sprechen heißt immer auch krieg führen – und doch doch doch suchen wir nichts mehr als verbundenheit dafür muß der krieg gegen sich selbst gewonnen werden – ein sieg, der zugleich auch niederlage ist logischerweise
sich sich selbst zu übersetzen aus dieser beigebrachten sprache heraus, die doch immer zuerst die sprache der anderen ist, bedeutet die ureigene FREMDHEIT VOR SICH SELBST, die alsbald schnell überlagert sein wird von allerlei geläufigkeiten, als solche wiederzuerkennen. bis wir aber wieder dazu kommen, an diese längst vergangene und doch gleichwohl immer gegenwärtige fremdheit aus seiner geburts- und ankunftssphäre anschluß zu finden, sie wieder schmecken, fühlen, sehen zu können — dorthin zu kommen, das ist wahre meisterschaft. mit sprache vor alle sprache zu kommen, das geht nicht mit der sprache seiner erzieher, eltern, schule, arbeit etc. nein. das geht nur mit einer zu sich selbst hin übersetzten sprache, in der die idee des ureigenen irgendwo irgendwie leuchtet, einer sprache, zu der man gefunden hat und in der man zugleich mit der entschiedenheit einer hebammenschere die eigene geburt agiert, die ein herauskommen ist vor alle haustüren hinaus. ja, lüg ich denn. ein wort gibt das andere. jetzt werden sätze nicht mehr geredet, sie werden geschossen ...
"Lieber als über ihr Leben spricht Sweltlana Geier von den Entdeckungen und Erfahrungen, die sie als Übersetzerin macht, ihren Reflexionen, weniger vom Übersetzen selber, das für sie ein derart natürlicher, wenn auch unergründlicher Vorgang ist wie das Atmen, das Schlagen des Herzens. [hervorhb. dh.] So leistet sie gewissermaßen fortwährend ein Übersetzen des Übersetzungsprozesses selber, jener Urtätigkeit des menschlichen Geistes, die, weit über den jeweils vorliegenden Text hinaus, letztlich alles umfasst."
so beginnt tatjana gut ihr buch, das auf gesprächen mit der jüngst verstorbenen dostojeweski-übersetzerin swetlana geier beruht. das einleitende kapitel dieses Buchs ("Swetlana Geier. Ein Leben zwischen den Sprachen. Russisch-deutsche Erinnerungsbilder" 2008 pforte verlag, dornach) lautet: DIE ARBEIT DES GEISTES
was hier besonders interessiert ist die identifikation von denken als der arbeit des geistes mit übersetzen. insofern ist der co-titel des buches: ein leben zwischen den sprachen zu verstehen. es geht zugleich um eine vorstellung, ein muster für das übersetzen überhaupt. wenn wir für diesen begriff synonyme suchen, wird die tragweite dieser überlegung vielleicht klarer. transformieren. vermitteln. übermitteln. abbilden. etc. sprache ist medium. also an sich schon eine vermittlungssphäre, in der sich eben das manifestiert, was wir gedanken nennen. wenn wir über uns selbst zum beispiel informiert sein wollen, müssen wir uns vor uns selbst zur sprache bringen. die sprache selbst überträgt sich an uns durch die menschen, die uns auf- und erziehen. sie ist also selbst immer schon das ergebnis einer vermittlung. unsere sprache gibt es nur als sprache ZWISCHEN uns. in dieser präposition (ein wunderbares wort!) wohnt der begriff der zweiheit. die zahl der übertragung des einen ins andere. doch diese zweiheit hat einen besonderen charakter, wenn es sich um ein selbstgespräch (vgl. selbstreflexion) handelt. hier geht die sprache in eine künstliche zweiheit über, bei der sender und empfänger in eins fällt. diese gespräche führen wir andauernd, in mehr oder weniger abgestuften formen. es ist also natürlich, es gehört zu unserer NATUR – wie eben das atmen oder das schlagen des herzens. jede form des übersetzens (in bild oder wort oder womöglich noch anders) muß zu einer form des natürlichen finden; d. h. es muß einem, wie man so schön sagt, von der hand gehen. die denkarbeit, die reflexionsarbeit muß vorangegangen sein und geht derart in die übersetzungsarbeit ein. aber im moment des übersetzens im engeren sinn selber kommt die übersetzung aus einem quasi gesamtheitlichen impuls – und nicht aus einem isolierten (einzelnen) gedanken
zur schwindsinnigen skulpturenkunst des giacometti liebe deinen schatten wie dich selbst (jeder star ist des teufels)
mein gott, der GRAUSAME GERNOT soll uns durch den winter führen, diesen winter, der winter sein will und sonst nix. das aber erfüllt den begriff der GRAUSAMKEIT. sprechen wir also hier durchaus vom grausamen winter, insofern er sich um sein herkommen, seine ursachen nicht im mindesten kümmert. (ähnlich verhält es sich mit dem begriff des stars; ein star ist star, weil er dem grauen, nämlich dem grauen seines herkommens so entstiegen ist, daß er es zugleich in einem abgrund des vergessens hat verschwinden lassen. jedes herkommen ist ein gräuel (diesmal der neuen rechtschreibung bewußt entsprochen). der star ist ein star, weil er nichts anderes sein will, als ein entflohener seines herkommens, was immer auch er oder sie in irgendeine kamera der welt flötet. (das gerede von der bodenständigkeit ist nur ein bestandteil der "technik" oder des know-how vom star-sein)
wie kann der mensch in seiner aufrichtung, in seinem horizontfähigen blick, seiner disposition, sich um IDENTITÄT zu kümmern, auch das kommt doch zuerst durch die aufrichtung, dem gehen und stehen auf zwei beinen, nämlich auch dem damit einhergehenden zeigen von GESICHT, sich zu erkennen als DIES EINE GESICHT, seiner fähigkeit sich im spiegel zu erkennen, seinen freigewordenen greifenden händen, seinen schwingfähigen und zur umfassung, zur umarmung fähigen "vorderbeine", wie kann also dieser mensch, der nicht im höhlenbau mehr lebt, sondern sich einen schutzraum BAUEN möchte, muß, der mit seiner aufrichtung anfängt wohnstätten zu ERRICHTEN, RICHTFESTE zu feiern, wie kann also dieser mensch seine aufrichtung in der errichtung von wohnstätten feiern, oder wie man so eigenartig auch sagt: BEGEHEN – ein fest begehen, wie kann also dieser sich in den allgemeinsten blick bringen, denn nämlich der aufgerichtete, gesicht zeigende, begreifende, umfassende mensch ist doch schließlich der SPRACHE HABENDE MENSCH, wie kann dieser mensch in seiner freude und last, IDENTITÄT zu haben, zur gemeinschaft kommen und eben durch sprache verbindung herstellen zu seinen mitmenschen, wie kann also dieser mensch sich feiern, auf einen sockel stellen, auf ein postament, wie kann dieser mensch seine aufrichtung feiern, wie nur?
es muß doch diese (re)PRÄSENTATION, diese feier von gegenwärtigkeit, schließlich einmal gespiegelt sein in deren gegenteil: dem hinschwinden, dem schattenhaften, dem flüchtigen, dem aus dem gesicht gehen ... quasi als depräsentation; so als wäre die präsenz zu steigern in ihrer kehrseite des schon bald gewesenen, haha, sagen wir ruhig einmal: des STARs ...
gernot – der naive königssohn in meinem reich ist sehr grausam
(bearbeitete neuedition)
gernot — das ist der mann, der im zweifel immer noch bespeert (d. h. sagen wir mal auch adversatorisch: UNbewehrt) ist.
die großen kämpfer sind nicht grausam, insofern sie von einer haltung sind, die eine bereitschaft zur grausamkeit ermöglicht, sie sind es, weil von königlicher naivität (vgl. der junge parzival) gezeichnet. "mein" gernot zum bleistift ist vom himmel gefallen und unerklärlich sanft gelandet in dieser meiner welt
was bedeutet GRAUSAM?
grauen ruft vor allem und notwendigerweise das hervor, was ohne subjekt zu sein scheint, oder noch schärfer: was ohne subjekt IST (im durchaus mehrdeutigen sinn des ausdrucks [etwa im sinne von "subjekt ohnegleichen"]). – ein handeln/geschehen wie aus heiterem himmel, selbst wenn es einen agent hat, scheint es wie durch ihn hindurchzuschlagen, wie ein blitz aus heiterem himmel, im idealtypischen fall, meine ich jedenfalls.
der reine tor alias parzival ist kein mensch, sondern die umsetzung eines "programms"; das gegenteil eines subjekts, das doch bei aller bestimmtheit (determiniertheit) ein schwer bis nicht zu berechnendes wesen bleibt.
grausamkeit ist letztlich simpelst strukturiert.
oder?
der grausame ist der subjektlose mann – der eigentliche UN-MANN