dhonau: mit heruntergezogenen socken |
Sonntag, 10. Mai 2009
dhonau, 12:03h =zeit war`s ... comment
quallenwanze,
11. Mai 2009, 02:05
… man könnte natürlich auch annehmen, folgt man u.a. den Aufzeichnungen des Xenophon, dass es der Lehrer ohne „Lehramt“, ohne „Schule“ und ohne Geld von seinen „Schülern“ zu nehmen für „pädagogisch wertvoller“ hielt, seine „Lehre“ _vor_zu_leben_ – anstatt lediglich darüber zu schreiben, oder sich und seine Einstellung an wie auch immer Interessierte zu „verkaufen“.
Anders als die „Naturphilosophen“ deren Ziel es war „die Welt“ zu erkennen, stellte er bspw. Fragen wie: „Was ist Tugend?“ oder „Was ist Freundschaft?“ und begab sich so durch diesen Dialog gemeinsam mit seinen Gesprächspartnern auf den Weg zu dem auch von ihm geforderten „Gnothi seauton”. Dieses „Erkenne dich selbst!“ des S. sollte man allerdings nicht in der bis dahin durchaus üblichen Weise betrachten. Weniger die Erkenntnis über die Beschränktheit des menschlichen Daseins war gemeint – es war insgesamt vielmehr eine Anleitung um aus sich selbst ein eigenständig denkendes Wesen zu formen. Insofern war der geniale Querdenker freilich „Gift“ in einer Gesellschaft, welche die Legitimation ihrer Herrschaftsstrukturen in irgendeiner Form von „Tradition“ suchte – und er wäre es heute aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch. Verglichen bspw. mit einem viele Jahre später lebendem anderen „S.“ (Seneca, Lucius Annaeus, der im Grunde die selben Fragen zum „praktisch-moralischen Verhalten“ stellte wie sein attischer Vorgänger) kann man, zumindest der Überlieferung nach (und mir ist auch gerade niemand persönlich bekannt, der ihn noch leibhaftig erlebt hätte), Sokrates auch als „gelebte Philosophie“ ansehen bzw. versuchen zu verstehen. ... link
dhonau,
11. Mai 2009, 09:58
ein zwar etwas "undialogischer", gleichwohl interessanter, ergänzender beitrag.
vielen dank ... link
dhonau,
11. Mai 2009, 16:59
ps: selbst wenn wir solche ausdrücke wie verkaufen in anführungszeichen setzen, verhindert das nicht, daß wir das, was wir vor uns haben, doch eher heutigen bewertungsmaßstäben unterziehen.
... link
quallenwanze,
12. Mai 2009, 01:24
?
Der Maßstab den unsere Gesellschaft bspw. der Bildung aufdrückt, ist ihr Preis. Wir sind so fortschrittlich, dass man sich (ein ganz simples Bsp.) Nachhilfestunden leisten können muss, dass die persönliche finanzielle Situation für viele der Grund ist, auf einen höheren Bildungsweg zu verzichten. Ob bei Studiengebühren oder „Auftragsstudien“: Bildung ist ein käufliches Gut, eine Ware – damals wie heute. Eins noch vielleicht – ganz nebenbei: der Stoiker Ariston (von Chios) bspw. hielt den Teil der Philosophie der auf „Moralpredigten“ beruht für überflüssig. Entweder eine „philosophische Vorschrift“ ist einleuchtend – dann wäre eine solche Handlungsanweisung aber auch unnötig, weil der Agierende eh weiß, wie er sich zu verhalten hat; oder die Vorschrift ist irgendwie unverständlich – dann wäre sie wiederum nutzlos, so lange zumindest, bis eine genaue Erklärung erfolgt. In seinem 94. Brief an Lucilius setzte sich Seneca mit dieser Meinung des Ariston auseinander. Eine solche „Vorschrift“ kommt nicht wie ein Befehl daher. Sie verlangt nicht nach „Gehorsam“, sondern vielmehr danach er_kannt, be_griffen zu werden. Eine „gute“ Vorschrift ist genauso sinnvoll, wertvoll, einleuchtend wie ein gutes Beispiel. Nun könnte man Sokrates als eben ein solches gutes Beispiel betrachten. Man könnte auch annehmen, dass er von Predigten über Moral (in schriftlicher oder auch mündlicher Form) in etwa genauso wenig hielt wie Ariston. Der radikale Rationalismus des Sokrates nähert sich den ethischen Problemen indem er nach Allgemeingültigkeit moralphilosophischer Begriffe (Was ist Tugend?) sucht. Diese Suche war Inhalt seiner Bestrebungen und Diskussionen und bildete für ihn auch die Voraussetzung zur Lösung eben dieser ethischen Probleme, denn erst wenn man von meinetwegen dem Guten, von Gerechtigkeit oder Tapferkeit einen „Begriff“ hat (eine Definition, vgl. hierzu Aristoteles, Methaphysik, M 4 1078b ff.), kann man sein eigenes oder das Handeln anderer auch als gut, gerecht oder tapfer einschätzen. Wenn man Tugend genau definieren könnte und dieser „Begriff“ allgemeingültiges Wissen darstellen würde, dann wären nach dieser Auffassung die ethischen Probleme quasi gelöst. Sokrates, der, wie man bei Diogenes Laertios nachlesen kann, häufig auch als „komischer Kauz“ beschrieben wird, war sozusagen auf der Suche nach einer Definition und die suchte er nicht bei den Göttern im Olymp. Was den zeitgenössischen Sophisten ihr „Scheinwissen“, war dem Sokrates sein Wissen vom Nichtwissen um diese Definition. Solange man diesen allgemeingültigen Begriff von der Tugend nicht gefunden hat, kann (s.o.) niemand genau sagen, was konkret tugendhaftes Verhalten ist und in einer solchen Situation wiederum ist die Suche nach diesem Begriff die „höchste Tugend“ - also quasi das „höchste Gut“ wie es bei Seneca immer so schön heißt. Seneca hat die Sache insgesamt aber wohl nicht ganz so „verbissen“ gesehen. Er subsumiert in o.g. Brief unter die „philosophischen Vorschriften“ die Ariston meint bspw. auch die Ermahnung oder die Ermunterung und hält sie (je nach Situation) ganz im Gegensatz zu A. für durchaus sinnvoll ... aber das hat ihm bei Nero genau genommen auch nix genützt. ... link ... comment |
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