dhonau: mit heruntergezogenen socken


Sonntag, 14. November 2010


die geschichte von jenem manne, der nie das fürchten gelernt, und daher in alle gesichte(r) schauet, als würden sie allererst und justament in seinem blick zur welt kommen. er stand von dieser weiswahrheit beseelt, daß nur die unverfrorenste tumbheit hinaus in die unbegrenzt weite welt führt, und je mehr aber der unverdrossene wandersmann an erfahrener klugheit gewänne, desto schwerer wird ihm das gemüt wohl werden, und so wird' r alldoch zur seßhaftigkeit gelangen, welche ihn schließlichst bis ans hinsinken und sterben führt, nicht wahr?


wissen Sie, sprach der erzählende und in die jahre gekommene moreson of lessedady in die runde, meine damenherren, es geht doch überraschenderweise zum schluß (und damit auch ZUERST) um die frage, warum ausgerechnet in dem wort gruseln das gruseln zugleich da ist – und weg.
in dem moment, wo Sie es verwenden, verblaßt es auch schon wieder (in zunehmender alltäglichkeit). deswegen habe ich, bevor ich Sie alle zu mir gebeten habe, tausend schilder malen lassen, auf die jedesmal das wort GRUSELN geschrieben steht. jetzt sehen Sie sich von diesem schilderwald und tausendfach von dem buchstäblichen gruseln umgeben. was fühlen Sie? fühlen Sie überhaupt etwas? oder ist es nicht vielmehr so, daß Ihnen das wort in seiner bedeutung schon dabei ist, abhanden zu kommen?


der junge, noch gar tumbe moreson junior war sintemalen weiß gott wie lang schon unterwegs in seiner mission, die sein vater ihm mitgegeben, die ihm den mores beibringen sollte, den familienmores. da dachte der moreson of lessedady, vielleicht reicht es schon hin, wenn ich in die kopfbibliothek der haushochschule gehe, oder wie die heißt, da sitzen die ganzen studiosi herum, von denen gesagt wird, daß sie schon ganze heerscharen von braven bürgern zum gruseln gebracht hätten, weil sie über bücher gebeugt seien, die von büchern handeln, die über bücher handeln, also reine buchbuchbücher sind. und so ging er durch das riesige portal an einem eingangsbüro vorüber, in dem x bürobeamte gesessen waren, die gar nicht so schnell schauen konnten, wie der moreson an ihnen vorbeigezirkelt war. in dem supergroßen lesesaal aber befanden sich keine zwillinge oder drillinge oder fünflinge oder sechslinge, nein da waren nacheinander aufgereiht tatsächlich hundertlinge oder gar hundertzehnlinge, die naturgemäß wie ein ei das andere aussahen und fatalerweise auch noch jeder genau das gleiche buch vor sich hatten, nämlich die märchensammlung der grimmigen brüder, und es sollte uns nicht wunder nehmen, wenn sie nicht alle auch genau ein und dieselbe geschichte gelesen hätten, nämlich die von dem wandersmann, der auszog, um endlich in der furchtcommunity eingang zu finden. und tatsächllich sah es auch ganz schön greißlich, wie die bajuwaren sagen, aus, wie die schlotternden hundertundfünfzehnlinge und studiosi in das gleiche buch hineinstarrten, so als würden sie mit dem blutarmen wandersmann jener geschichte endlich einmal dorthin gelangen, wo schlotterheini und zitterkathi sich gute nacht sagen.
dem moreson war das szenarium allsogleich ein dorn im auge und er legte ein feuer, indem er das zuhauf vorhandene papier inflammierte. als das feuer so groß war, daß die beflissenen studenten es nicht mehr übersehen konnten, sprangen sie einer nach dem anderen zum fenster naus und lagen als menschenmus auf dem pflaster. der moreson wars zufrieden, aber eine menschliche regung, wie es sein vater immer von ihm gewünscht hatte, meldete sich nicht in ihm. so zog er einfach weiter ...


wissen Sie, sprach moreson of lessedady in die runde, meine damenherren, es war doch so, daß die teufelchen, die mein schicksal flammengleich umzüngelten, mir den auftrag verrieten, welcher mich in die welt hinaustragen sollte, und nämlich darin bestünde, die uralt' geschicht' vom kontextarmen baron wiederzubeleben, der doch selberhin aus derjenigen erzählung entsprungen, die unter dem bekannten titel firmierte vom manne, welcher auszog, das fürchten zu lernen. stellen Sie sich das ruhig einmal aus ihrer warte vor, damenherren, wie gruselig dies unterfangen schon in seiner archaischsten form, die doch allem menschmannsein zugrundeliegt:


da ging der moreson, da er gerade zum allerersten mal am leben war, in seiner großen und unverfrorensten tumbheit hinaus in die welt, nachdem sein vater in schierer verzweifelung darüber, daß er seinen eigenen sohn nicht erschrecken konnte, egal womit er ihn auch immer in die erziehung nahm, zum tempel hinausdrängte und ihn zuvor mit einer nicht unerklecklichen summe geldes ausgestattet hatte.
gehe zum teufel, sprach der alte lessedady, baron von und zu zuffenhausen, vielleicht kann der dir der fürst klumpfuß mores beibringen. der unverdrossene sohn nahm alles mit der gleichgültigkeit eines weißen papiers auf und machte sich hinaus in die allweite welt, trällerte ein lied vom wandersmann, dem keine herberge und doch jede recht war.


der gar tumbe moreson junior setzte sich hin, damit ein gar hurtig bächlein an ihm vorüberflösse, und, in der tat, kaum hatte er sich baren fußes aufgemacht, umspielte fließendes wasser seine dünnen beine. überall, wo er hinlangte, da wuchs kein gras mehr. aber der bach war reißend und verwunschen, krokodile schossen an ihm vorüber, so groß, daß sie doch eigentlich in dem kleinen fluß keinen platz haben dürften. fleischfressende fische stoben durch die wellen und aasvögel säumten die ufer. der moreson kratzte sich am tumben kopfe, stemmte ein herangesaustes krokodil auf und warf es auf die gierigen reißfische. dann sagte er sich, daß dies wasser ein wenig ungemütlich sei zur rast und zog weiter, nicht ohne einem der aasvögel zuvor in den allerwertesten getreten zu haben, weil sie ihm gar zu blöde schienen in ihrem ausdruckslosen geschau.


der gar tumbe moreson konnte sich, wie es ihm die berühmte geschichte der noch berühmteren gebrüder auftrug, ums verrecken nicht fürchten. unverdrossen zog er weiter, denn er war ja vom weißen fürsten klumpfuß instruiert, und egal wo er auftauchte, immer sprach er halblaut und mitteldeutlich vor sich hin: ums verrecken kann ich mich nicht fürchten. das ist ein jammerscheiß, denn so ist es mir geheißen, daß ich in jener zunft meinen lebensunterhalt finden solle.


denn das sei euch gesagt, ihr lieben damenherren, überall geht die angst um und frißt sich ins überdimensionale, denn die angst, von der hier gesprochen, das ist die gegenstandslose angst, die alles und nichts meint, eine ins globale zielende angst, die angst vor allem und nichts, darum ist es in zeiten, da die beratende industria die wachstumsträchtigste ist, eine größte und wichtigste aufgabe, das fürchten zu erlernen, haha, lacht da der modernste moreson of lessedady, daher wird es DIE profession der zukunft sein, den transfer von der großen angst in vielerlei furcht zu bewerkstelligen, denn im gegensatz zur angst ist furcht gegenständig, wenn ich, der moreson, es so formulieren darf, darum bin ich als der furchtlose wandersmann in das berühmte märchen der grimmigen gebrüder gesprungen.




dhonau, 09:48h
=zeit war`s

moreson of lessedady   417

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oh!
das hätte ich gerne als lesung!

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mal schauen

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