so spricht also schweikart ein nicht entfernter verwandter herrn v. u. z. scheußenbachs:
"... und so winke ich Euch nach ..."
manchmal will man nur schreiben, um zu schreiben, aber schon diese aussage trifft es nur ungefähr und ist sicherlich nicht sehr einladend. und wenn man zu den redselig disponierten charakteren gehört, redet man aus schlechter gewohnheit in gegenwart irgendwelcher anderen drauflos und weiter, ohne darauf acht zu haben, ob die zuhörer schon verloren sind, bevor sie überhaupt gewonnen waren. es ist vielleicht auch ein gefühl für das allein-sein unter anderen allein-seienden – in dieser steppe, die vom applaus und der sucht nach anerkennung und mitgefühl noch nicht ganz und gar ausgedorrt ist. und schon wähnen wir uns in der nähe einer rettenden aussage, die vielleicht bei näherer betrachtung eine überraschend anhaltende anziehungskraft auf uns hat, nämlich diese: lieber leser, gleichgültig welcher umstand dich bis hierhin getragen hat, raste ein wenig, labe dich an dieser ausfabulierten ratlosigkeit, denn was wir brauchen, ist nicht rat, nein, was wir brauchen, ist raum, der wirklich raum ist, geräumter raum, in dem nichts von uns verlangt wird, absolut nichts, der uns nicht bedrängt, der uns in ruhe sein läßt; diesen raum hält man nur aus, weil er nicht vortäuscht, wohnraum zu sein, nicht eingerichtet oder irgend sonst bearbeitet sein will, der nur im durchgehen und durchleben seine bestimmung bekommt und daher winke ich dir, weil das der gruß ist, der den vorüberziehenden gilt, nach ...
ein leerer raum ...
kann insbesondere deswegen zur deutung einladen, weil er quasi voll von einem selbst ist. aber. es gibt doch phasen, momente, etappen in jedem leben, die nur noch durch ratlosigkeit beschrieben werden können. oder besser gesagt, die so beschrieben werden könnten, wenn ratlosigkeit als ein resumee überhaupt zugelassen wäre, und nicht nur zugelassen, sondern als der möglichkeit nach wertvoll, – schon insofern sie einen dann entlasten würden von dem zwang, antwort zu geben, von dem wir nicht, nicht völlig oder eigentlich gar nicht befreit werden können.
wir können uns doch nicht in einem augenblick aufhalten, normalerweise; aber wenn wir begreifen, dass der augenblick durchgängigkeit bedeutet, so würden wir es vielleicht verstehen lernen, den leeren augenblick wie den leeren raum zu durchleben. es ist als würde man plötzlich merken, schon unterwegs zu sein, während man noch überlegt, was an gepäck und proviant mitzunehmen sei. dann LÄSST man es einfach besser SEIN. es wird schon reichen, was einem mitgegeben ist, liebe frau I. (und Oh!)
sehr geehrte frau ischmacheuchfertich! geben Sie es zu, Sie sind ein verehrer des herrn robert walser, der im diminutiv ("-chen und -lein machen alle dinge fein") sein wahlwohnstättlein hat, wohl weil er denket hat, niemand möcht ihm in seinem quadratmillimeterlein aufsuchen wollen. so hat er vielerlei einladungen auf einem kleinsten zettelein draufg'schrieben, daß die leut stieraugen bekommen haben, wegen den winzlingen von buchstaben, die im ungreifbaren ihr manifestationlein erlangt haben mochten. geben Sie es also, frau kawupptich, zu, daß Sie seiner minimalität robertus walserus anhängen, weil Sie wegen Ihrer allergrößten nähe zum weltenbeherrscher napoleon bonaparte entlastung suchen in seiner, herrn walsers, verschwundenheit.
wir finden, dass der ideologische zentralbegriff der modern kapitalistischen welt das INDIVIDUUM ist;
ein begriff, der freiheit und autonomie sugeriert, unverwechselbarkeit,
großartigkeit und größe, gipfelt in der tendenziell perfekten individualisierung der werbung im netz. wer in einem augenblick ins netz hustet, bekommt im nächsten augenblick schon die vorschläge zur medikamentierung; wer von dicken backen träumt, kriegt alsbald kaufvorschläge von entsprechenden sillikonkissen frei ins haus geliefert. die botschaft ist: auch du, ganz speziell du bist für den markt ein ganz wichtiger teilnehmer. diese verbindung von individuum und größe konterkariert der meister des diminutivs.
von giambologna raub der sabinerin (1581-83); [hier bearbeitete aufnahme, in 2 varianten] marmor, ca 4m hoch florenz loggia dei lanzi
der gründungsmythos roms enthält die geschichte vom raub der sabinerinnen. der schildert die frauen zwischen denjenigen, nämlich den römern, die sie aus frauenmangel gestohlen hatten, mit denen sie sich arrangiert und verheiratet hatten, und den sabinern, ihren vätern und brüdern, die miteinander im rachekrieg standen. um das schlimmste zu verhindern, schafften sie einen ausgleich, man könnte sagen zwischen (verlorener) herkunft abstammung und (noch nicht vollendeter) ankunft assimilation. den einen machten sie klar, daß in solch einem krieg ihre männer und kinder sterben, den anderen, daß sie ihre väter und brüder verlieren könnten.
strukturell gibt dieser mythos her, daß involviertheit (verstrickung) unglück heraufbeschwört, aber zugleich das mittel zeitigt, es aufzulösen.
noch mehr vielleicht enthält er die botschaft eines urbanen pragmatismus, kultur zu verstehen als ein arrangement des unvereinbaren auf der grundlage des undenkbaren
der raub der sabinerin
der gründungsmythos roms enthält die geschichte vom raub der sabinerinnen. der schildert die frauen zwischen denjenigen, nämlich den römern, die sie aus frauenmangel gestohlen hatten, mit denen sie sich arrangiert und verheiratet hatten, und den sabinern, ihren vätern und brüdern, die miteinander im rachekrieg standen. um das schlimmste zu verhindern, schafften sie einen ausgleich, man könnte sagen zwischen (verlorener) herkunft und (noch nicht vollendeter) ankunft. den einen machten sie klar, daß in solch einem krieg ihre männer und kinder sterben, den anderen, daß sie ihre väter und brüder verlieren könnten.
strukturell gibt dieser mythos her, daß involviertheit (verstrickung) unglück heraufbeschwört, aber zugleich das mittel zeitigt, es aufzulösen.
noch mehr vielleicht enthält er die botschaft eines urbanen pragmatismus, kultur zu verstehen als ein arrangement des (scheinbar) unvereinbaren auf der grundlage des (scheinbar) undenkbaren