Ich versuchte zu schreiben,
ich existierte kaum,
meistens tippte ich
dreckiges Zeug für
Sexmagazine.
Eddie versuchte zu malen.
Auch er existierte kaum,
aber er war besser dran
als ich: Er wohnte
in einem grossen Haus
bei einer wunderschönen Frau
die ihn versorgte.
Eddie und ich
tranken immer zusammen.
Wir machten unsere Arbeit,
und nicht zu knapp, aber
wir tranken auch
nicht zu knapp.
Er hortete seine ganzen Bilder
im Keller des Hauses -
Hunderte lagen da
durcheinander und
zusammengeklebt.
Er malte nur mit
gelber Farbe, in die er
schwarze Tinte rührte.
Gelb war meine Lieblingsfarbe, deshalb
gefielen mir seine Bilder.
Tagsüber war ich
bei ihm und trank
und abends ging ich
zurück in meine Wohnung
und trank weiter
und tippte.
Es war eine
aufregende Zeit
obwohl wir es kaum
zu was brachten
und nie sehr weit weg waren
vom Irrenhaus oder
einem Leben in der Gosse.
Wir zechten mit Fremden
schlugen uns mit ihnen
schrien herum
in der prallen Sonne
oder um Mitternacht
es war uns scheissegal
wir platzten vor Energie.
Eddie hörte gern Musik
wenn er malte
und das verstand ich
denn beim Schreiben
hielt ich es genauso
.
"Lies mir ein paar von deinen
gottverdammten Gedichten vor ..."
Ich las, und er
fuchtelte wild mit dem
Pinsel auf der Leinwand herum,
lauter Gelb mit schwarzen Striemen,
und seine wunderschöne Freundin
sah zu.
Es müssen wohl zwei
oder drei Monate gewesen sein
die wir so herumbrachten.
Eines Tages
ging ich rüber
und statt Eddie
machte mir seine
Freundin auf.
"Eddie ist fort", sagte sie.
"Ich hab ihn rausgeschmissen!"
"Hat er seine Bilder mitgenommen?"
"Nein. Die hab ich in die
Mülltonne gestopft!"
Mit einem mal
sah sie nicht mehr
wunderschön aus.
"Weisst du wo er
hin ist?"
"Nein, und es ist mir
auch scheissegal!"
Sie machte die Tür zu.
Eddie kam nie
bei mir vorbei.
Ab und zu mache ich mir
Gedanken über ihn.
Eines Abends
betrank ich mich und
ging nochmal zu dem Haus
und versuchte
seine ehemalige Freundin
herumzukriegen.
Ich schaffte es nicht.
Ich ging wieder nach Hause.
Ich musste weiter tippen.
Ich war fünfzig
und hatte keinen Job.
Ich versuchte es sogar mit Malen
aber ich war
nicht annähernd
so gut wie Eddie.
Also schrieb ich wieder
dreckige Stories.
Ich sah Eddie
nie mehr wieder
und nach einer Weile
verschwand er einfach
aus meiner Erinnerung.
Bis heute abend,
zehn Jahre danach.
Eddie, ich hab für andere
nicht viel übrig.
aber du hättest
vorbeikommen können
du hättest auf der
Couch schlafen können
oder auf dem Boden.
Das ist nicht viel,
ich weiss
aber Gelb ist meine
Lieblingsfarbe -
nur für den Fall
dass du dieses Gedicht
irgendwo siehst.
... und auch nicht wirklich außerhalb seiner selbst
der mensch ist ein grenzwesen
als grenz"situiertes" wesen (der philosoph helmut plessner spricht von der exzentrischen positionalität) intressiert sich der mensch für sein vorher und nachher, das ist seine sogenannte spirituelle seite; dazwischen geht es ums wohin, das umschreibt die frage nach dem sinn, könnte man sagen
ein mensch mit sozialer kompetenz, ein im besten sinn erwachsener mensch ist durchsetzungs-, behauptungs-, konflikt-, abgrenzungsfähig, verantwortungsbereit, konturiert. aber auch:
vertrags-, freundschafts-, beziehungs-, kompromiss-, bündnisfähig: grundierende voraussetzung dafür ist die fähigkeit zum perspektivewechsel (wir könnten diese fähigkeiten auch unter dem oberbegriff empathie abhandeln)
alles zusammen beschreibt ein integral aus den abgrenzungs- und austauschdisponierten eigenschaften, die den mensch als soziales wesen bestimmen lassen. diese doch so ausgesprochen gegensätzlich gezeichnete SOZIALE KOMPETENZ umschreibt dergestalt auch ihre komplexität. ein mensch, der solchen sehr anspruchsvollen anforderungen wenigstens einigermaßen entsprechen kann, würden wir auch REIF nennen können
unter diesen aspekten ist der nachstehende beitrag zu verstehen, der ein paar anthropologische gedanken zum thema beizubringen versucht
zwischen INNEN und AUSSEN: ein mensch ist ein MEDIUM, eine ZWISCHENsphäre, und das steht doch zu den begriffen von IDENTIÄT und INDIVIDUUM in einem starken gegensatz.
ein mensch hat sich, sofern er sich zur sprache bringt, selber zum gegenstand — und also DISTANZ zu sich selbst; insofern ist er nicht mit sich identisch, d. h. sein bezugspunkt (von selbstbetrachtung und -reflexion) muss sich außerhalb seiner selbst befinden, was ja streng genommen nicht möglich ist. die behauptung ist also grenzwertig. (vgl die grenzwertrechnung in der mathematik)
sich zum ausdruck zu bringen, heißt immer sich implizit auf ein INNEN zu beziehen. dieser TRANSFER braucht eine darstellende vermittlung (vgl sog. bildgebende verfahren in der atomphysik), braucht eine abbildung, und die leistet der mensch in sprachgestützten sozialen interaktionen; so gesehen ist er medium; und das bedeutet zugleich auch, in einen bearbeitungsmodus zu gelangen.
alles, was zum ausdruck kommt, braucht sozusagen einen DRUCKER. sinnesdaten werden verarbeitet und vermittels einer sprache zum ausdruck gebracht (als zetbe schrift- oder lautsprache).
sprache aber stellt sich nur her über etwas, was einer vereinbarung gleichkommt, und über regelmäßigen intersubjektiven gebrauch oder sozialen austausch (wörter = allgemeingültige bezeichnungen; implizite regeln, um information überhaupt hinreichend zuverlässig speichern zu können; zugriffstechnik, reaktivierung, aufrufung von daten, "auf den schirm" bringen zu können, in den verarbeitungsmodus zu bringen etc
also die frage: gibt es einen irgendwie verfügbaren raum zwischen innen und außen?
ein solcher raum käme dem gleich, was wir allgemein GRENZE nennen.
grenze ist ein raum der aufnahme und der abgabe. auch ein bestimmungsraum. um über eine art verlinkungssystem (neuronales netz) in ein irgendwie organisiertes (von organen) innen information/energie zu leiten/ zu übersetzen und zu verteilen
sobald wir GRENZE sagen, läuten die glocken — angesichts von koalitionsverhandlungen, die ausgerechnet unter den namen JAMAIKA stattfinden; auch angesichts aller anderen europäischen wahlen, die mehr oder weniger stark vom thema (grenz)sicherheit bestimmt sind.
nun, eine grenze muss nicht nur schutz gewähren, sondern das übergreifende thema ist, dass sie austausch organisiert. das zeigt sich überall, wo der begriff von zentraler bedeutung ist. ob es sich um zellbiologischen austausch oder um waren- und personenverkehr handelt. eine grenze vollzieht sich in der funktion solcher aufgaben.
identität vollzieht sich über abgrenzung und austausch.
die gegensätzlichkeit dieser aspekte beschreibt die komplexität der aufgabe. daraus leitet sich auch ab, dass identität niemals ein starrer begriff ist, sondern prozessen unterworfen ist. aus diesen sehr allgemeinen bemerkungen ergibt sich immerhin, dass auch eine politisch diskutable haltung immer beide pole des begriffs im bewusstsein haben muss
o-kay, aber kaum die aufmerksamkeit auf dieses okay-Phänomen gelenkt, will es mir nicht aus dem kopf, dies wort meist mit der nachdrücklichen bis leicht gedehnten betonung auf der zweiten silbe gesprochen; es ist der star in einer ungeschriebenen bestsellerliste, eingekauft zum nulltarif — ein überaus starker beleg für eine gesellschaft, die POSITIVITÄT als wert feiert (und dagegen zugleich von müll- und entsorgungsproblemen auf allen ebenen erdrückt zu werden droht). — aber nein, feiert,
stimmt nicht, positiv, das heißt, niemanden zu belästigen mit irgendwas ... äh ... und dieses POSITIVE THINKING ist ... äh ... irgendwie o-kay, so weit, so gut. o-kay. o-kay soll heißen: habe verstanden, klar, mach ich, klar, ist angekommen, ich stelle mich den anforderungen, ich höre. o-kay soll das gegenteil von vermeidung signalisieren, ich bin ganz auf empfang, ich bin, o-kay, im stand-by-modus, betriebsbereit ... während aber doch die berichte über, hört!, psychokrankheiten genau das gegenteil signalisieren: burn-out, angststörungen, manische depressionen grassieren in der gesellschaft der wettbewerbsbereiten teilnehmer. das aber sind alles stand-by-störungen die sog. vermeidungsverhalten oder deaktivierung im gefolge haben. das ist sozusagen systemisch hergestellte NEGATIVITÄT bei menschen, die für ihre negativen affekte sozusagen ein nicht ausdrückliches, aber dafür umso wirksameres ausdrucksverbot haben. affekte, die eine überforderungskulisse konterkarierten, wenn sie denn AUCH gestalt gewinnen dürften. aber, nein. o-kay. scheiß drauf, sagt da unser MOTIVATIONSMINISTER der geheimsten aller schattenregierungen: herr freiherr von und zu scheußenbach. der freiherr geht oft im haus herum und singt vor sich hin: o-kay, o-kaiiiiiiaiiiaiiii. er ist ein richtiges o-kay-biest geworden
ps: natürlich hat dies o-kay auch einen überaus gesunden aspekt der möglichkeit nach, insofern diese allgemeinste art von zustimmung gewissermaßen auf-durchzug-gestellt-sein bedeuten kann.
oh, oh oh, es ist etwas in allem, was gesagt, geschrieben ist, das uns AUS EINER MIKROWELT HERAUS anschreit, das grell ist, überall hervorbricht:
nein, der mensch ist nicht erbärmlich, aber auch.
es sind die ideale, die nicht erbärmlich sind, aber auch, vor allem wenn sie dafür da sind, uns klein, kleiner zu machen, am kleinsten; und diese ideale haben ihren sinn, natürlich, aber für erwachsene menschen, die das leben annehmen, auch als kampf, taugen die ideale irgendwann nicht mehr so recht, mit sich selbst und seinen mitmenschen zurecht zu kommen.
die ideale, mit denen wir gerne unsere mitmenschen traktieren, um sie in ihrer oft schwindelerregenden erbarmungswürdigkeit (und auch: erbärmlichkeit!) herabzusetzen, sind oft versteckte wettbewerbsinstrumente, also genau das gegenteil dessen, was sie eigentlich sein sollen.
der wettbewerb ums überleben aber wird nie und nimmer auszuschalten sein
liebe lässt sich auch verstehen als teil des überlebenskampfes; aber auch innerhalb einer beziehung gilt es, zu überleben, sich leben zu lassen. wer das versteht, wird den anderen nicht in seine ideale vergattern, in denen er oder sie keine chance hat zu bestehen. der kampf ums überleben hört auch gerade dann nicht auf, wenn wir uns einander diese nähe gestatten, wenn wir unseren schutz aufgeben, den wir auch brauchen, selbst und gerade in einer sehr engen beziehung.
verzichte nicht auf list, wehrhaftigkeit, kampfbereitschaft, phantasie, nur weil ein mensch in (liebes- oder andere) nähe zu dir gekommen ist; der respekt vor einem menschen insbesondere auch und vor allem in "nähebeziehungen" erfordert es, grenzen zu kommunizieren, und nicht zu signalisieren, in den "armen der liebe" zu verschwinden. das heißt: zeige dich, gib dich zu erkennen, schlucke nicht eine halbe ewigkeit lang. jeder bringt wunden mit, die aus irgendwelchen vergangenen nähen kommen, und wenn diese nähe sich wieder herstellt, dann wird der andere, der liebende, nicht nur zum lieben gebraucht, auch alter nähefrust sucht neue adressen.