(hvs-48) der triumph des herrn v. u. z. scheußenbach
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seine majestät von und zu scheußenbach, reichsfreier herr, belieben sich zu schämen. es handelt sich um die scham, mit der er seine schamlosigkeit, seine chuzpe, haha, ummäntelt. das erklärt sich dergestalt, daß er die urszenerie, die entdeckung der nacktheit durch ebenjene sünde nämlich, sich in sich selbst verliebt zu haben, immer wieder durchspielt, indem er in seinen von rissen durchzogenen, durch allzu häufigen gebrauch beschädigten SPIEGEL immer und immer wieder hineinschaut und voller bewunderung für sein rissiges spiegelgesicht, für seine höchsteigene spiegelgeschädigtheit ist. ja, welcher – sagt er sich da – aus dem paradies vertriebene mensch gibt sich solche wundervollen blößen wie ich, der könig der selbstverliebten, der vorreiter aller mit sich selbst intim gewordenen, der abgott der zertrümmerten, notdürftig geflickten seelen? der nämliche herr von und zu scheußenbach, wie er nach einem gierigen mal mit seinem überall bekleckerten gesicht vor seinen mitmenschen steht und lacht vor lauter pech und pech, das ihm anhaftet wie der schmuck eines kriegerhäuptlings, pech ist die steigerung von glück, schreit er behauptend in die fassungslose welt hinaus, pech ist die letzte schärfe, mit der wir die vor blöder kultiviertheit ungenießbar gewordene speise würzen können. haut pech in euer scheißleben, ihr glückstrottel, ihr elendigen ... hui, jetzt ist es dem prekären adligen doch ein wenig schwindlig geworden ... |
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scham ist be-sonder-ung
scham ist der ursprung aller individualität
| scham ist die weise sich zu besondern, sich zu hüten, sich aufzuheben, sich zu pflegen als der oder die eine besondere für die oder den anderen besonderen. monogamie ist kein naturprogramm, sondern ebenso wie der individualismus ein programm (eine kulturtechnik), ins optimum zu kommen. diese unschöne grundierung dessen, was wir liebe nennen, eröffnet das dilemma, von dem die menschlichen (liebes-)beziehungen ihre dramatik erhalten. die kaschierung ist zugleich gestaltung. ein mensch verdeckt seine scham, seine blößen, seine mängel, sein nicht-können etc. und sucht in dieser ver- oder bekleidung, dem gestus etc. alles in sein gegenteil zu verwandeln. der mensch kleidet sich schön, tritt sicher auf, obwohl unsicher, nicht-wissend. macht einen kompetenten eindruck — durch egotechnik sozusagen. kompetenz ist nach sloterdijk das gekonnte umgehen mit den eigenen inkompetenzen. natürlich wird oft das gegenteil proklamiert, zeige schwäche, sei ehrlich! aber gerade das bekennertum, undistanziertes verhalten, wie es auch so schön heißt, wird nicht im allgemeinen belohnt. undistanziertes verhalten ist nämlich schamloses oder scham"schwaches" verhalten, stößt oft eher ab, als daß es anziehend wirkt. anders ist es, wenn ein mensch sich unfreiwillig blößen gibt, anmutig lächelnd dabei die form hält (kompetenz im inkompetenten), dann gebietet es die allgemeine scham, darüber hinwegzusehen | |
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