dhonau: mit heruntergezogenen socken


Mittwoch, 24. März 2010


wider die allgemein verbreitete sucht
gelobt werden zu wollen



am dienstag, den 23. märz, stand ein bemerkenswerter artikel in der süddeutschen, den ich jetzt leider nicht mehr zur hand habe. darin wird das mittel des lobes in der erziehung in unseren breitengraden mit großem argwohn gesehen. in der grassierenden allgemeinen bereitschaft nämlich zum schnellen, vermeintlich motivierenden lob für unsere kinder bei allen auch noch so nichtigen anlässen werde vor allem nicht die fähigkeit zur selbsteinschätzung geschult. ganz im gegenteil.
die kinder brauchen ihre erzieher aber auch, weil sie von ihnen lernen sollen, ihr verhalten nicht nur nach kurzfristigem applaus und schnellem zuspruch auszurichten. das ist eine grundvoraussetzung für jede entwicklungsförderung. und dort, wo etwas gut ist, wo etwas unterstützenswert ist, reicht ein kleiner verstärker aus.

dhonau erinnert sich an einen weihnachstabend vor versammelter großfamilie, an dem der jüngste, ein sohn einer cousine, seine alle quälenden künste zur aufführung brachte. kaum war er zum erlösenden ende gekommen, stimmte sofort ein chor der verwandten ins loblied an, wie schön das doch gewesen sei. dabei war es fürchterlich, ganz fürchterlich. nicht so sehr deswegen, weil der junge künstler die ohnehin schon allgemein abgenudelten gitarrenstandards so wurschtig und lieblos vor sich hin stammelte, sondern weil diese unmotiviertheit noch von der allgemeinen reaktion an unterschwelliger gleichgültigkeit übertroffen worden war.
auf solche weise etabliert sich von einer nichts mehr verlangenden erziehung lieblosigkeit und indifferenz in "positiven" verkleidungen zur allgemeinen verkehrsform. eine erziehung unter diesen vorzeichen bringt eine gemeinschaft hervor, die auf dauer nur noch darin besteht, keinen mehr mit einem offenen wort zu behelligen.
so wird dem volkssport gefrönt: jeder verarscht jeden, so gut es geht. die bereitschaft sich zu besülzen kann da und dort auch in den blog-gemeinden ausgemacht werden. einer besucht den anderen mit einem lob in der tasche, wohl auch in der hoffnung, die zahl seiner freunde und anhänger dadurch zu erhöhen.
der verzicht auf umarmende lobgesten bedeutet ja nicht gleich, keinen respekt mehr voreinander zu haben.
umgekehrt wird unter "kritisch" oft verstanden, andere mit tadel zu begegnen und etikettierenden abwertungen zu belegen. das kann es aber auch nicht sein, meine ich.
die beiden erziehungsregister lob und tadel taugen in ihren rigiden gestalten nicht wirklich, um erwachsene kommunikation zu organisieren. viel wichtiger wäre es, feedbacks zu geben, die wahrnehmungen, beobachtungen, auffälligkeiten, fragen, assoziationen, persönliche empfindungen zum inhalt haben, die der oder die andere durch sein tun und schaffen auslösen, als benotende etikettierungen zu verteilen, seien es jetzt artigkeiten oder abwertungen.




dhonau, 20:33h
=zeit war`s

erziehung   318

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lob erscheint mir in vielen fällen wie ein emotionaler puffer für geselligkeiten, in denen wir es uns gemütlich machen.
ich habe da in meiner persönlichen erfahrung auf diversen kursen viel an mir selbst beobachten können, und ebenso spüre ich diese gier nach lob bei vielen leuten, die zu mir kommen.
für mich fühlt es sich sehr sehr nach einem relikt aus der frühen kindheit an, nach einem kindlichen drang nach anerkennung, begründet auf einer doch recht tief verwurzelten unsicherheit - darf ich das, bin ich gut, so wie ich bin, bin ich gut, wenn ich nicht so bin, wie ich gerade tue, habt ihr mich lieb, usw - dazu kommt noch der wunsch nach einem papa, einer mama, die uns sagen, was gut und richtig ist, damit uns die verantwortung genommen wird.

das wichtige an dieser beobachtung ist, dass lob in den meisten fällen nirgendwohin führt, außer, dass man da bleibt, wo man gerade ist, sich eben nur temporär wohler fühlt. und dazu kommt natürlich der energieaustausch zwischen lobendem und gelobtem. der lobende bekommt ja auch was ab, weil er irgendein eigenartiges zepter in den händen hält, macht, autorität.

hier ein gesundes, erwachsenes verständnis zu entwickeln ist spannend, weil so viele völlig selbstverständlich scheinende gewohnheiten abgestellt werden müssen. es braucht ein echtes gefühl von "ich" und "du", eine wahrnehmung von eben diesen methoden, die wir nutzen, um gemeinschaft zu erfahren. da fällt dann mit einem male sau viel weg, man betrachte nur mal dieses facebook phänomen. das heißt, erstmal steht man plötzlich ganz alleine da und darf von da aus ein neues verständnis für sich selbst entwickeln.

ich finde, dieser text von dir passt sehr gut zu der momentanen zeit des internets und der community, da das gruppenbewusstsein wohl selten so stark ausgeprägt war wie heute.

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fühle mich ...
sehr verstanden. vor allem in der einschätzung dessen, was wichtig ist und worin wir uns besonders schulen sollten, nämlich in der gegenseitigen wahrnehmung, in wahrnehmung überhaupt. es gilt auch, verstehen zu lernen, daß wahrnehmung kein passives geschehen ist, denn dort, wo sie das zu sein scheint, findet sie nur sehr eingeschränkt statt, sondern wahrnehmung ist eher eine schaltstelle zwischen aktion und geschehen. und das zu begreifen, ist gar nicht so einfach, da braucht es, würde ich fast sagen: ein LEBEN

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